Problemfall Aufforstung von Kahlschlägen
Durch Windwurf und Borkenkäfer haben viele Waldbesitzer gar keine andere Wahl als per Kahlschlag zu ernten. Kahlflächen sind aber schwerer zu verjüngen, da sich die Konkurrenzvegetation ansiedelt, außerdem sind die Jungpflanzen Wind und Wetter ausgesetzt. Helfen kann in dieser Situation der Vorwald.
Eine Kahlfläche wird durch eine Abfolge von Pflanzengesellschaften wiederbesiedelt. Diesen Vorgang nennt man Sukzession. Auf der Freifläche wachsen zunächst Gräser, Kräuter und Sträucher. Pionierbaumarten wie Birke, Eberesche und Salweide siedeln sich als erste Baumarten an. Unter dem sehr lichten Schirm der Pionierbaumarten verjüngen sich in weiterer Folge Baumarten, die mehr Schatten vertragen. Baut der Waldbesitzer einen Vorwald an, nutzt er die natürlichen Vorgänge der Sukzession aus. Der Vorwald dient aber nicht nur dazu, die Konkurrenzvegetation zu bekämpfen. Im Vorwald herrscht ein milderes Klima. Durch den Schirm der Baumkronen sinkt die Sonneneinstrahlung, und es wird tagsüber kühler. In der Nacht verhindert die Kronenschicht, dass Wärme abgestrahlt wird. Zudem verbessern Pionierbaumarten den Humuszustand. Die leicht zu zersetzende Streu von Birke und Aspe wird vom Bodenleben gern angenommen.
Pionierbaumarten helfen
Die typischen Vorwaldbaumarten sind Birke, Aspe, Salweide, Grauerle und Eberesche. All diese Arten verfügen über ein sehr rasches Jugendwachstum. Durch das schnelle Wachstum in der Jugend können sich diese Baumarten gegenüber Gräsern und Kräutern durchsetzen. Pionierbaumarten sind lichtbedürftig und frosthart. Sie durchwurzeln den Boden mit ihrem intensiven Herzwurzelsystem und werden selten über 100 Jahre alt. Die Pionierbaumart schlechthin ist die Birke, da sie nahezu alle Standorte besiedelt. Ob Trockenheit oder Frost, die Birke kommt mit allen Standortsbedingungen zurecht. Die Birke kommt sowohl in Reinbeständen als auch in Mischbeständen mit Aspe und Salweide vor. Obwohl die Aspe zu den Pappeln zählt, siedelt sie sich an trockenen Standorten an. Die Salweide nutzt wie die Birke eine Vielzahl von Standorten, allerdings wächst sie langsamer und kommt oft nur in Strauchform vor. Die Grauerle wächst in montanen Regionen zwischen 500 m und 1.400 m Seehöhe. Mit ihren starken Wurzeln eignet sie sich auch zur Böschungssicherung. Sie wirkt bodenverbessernd, da sie eine Symbiose mit Wurzelknöllchenbakterien eingeht, die Stickstoff im Boden fixieren. Die Eberesche hat unter den Pionierbaumarten das wertvollste Holz. Sie verträgt Beschattung besser als die anderen Pionierbaumarten und steigt bis ins Hochgebirge. Die Früchte der Eberesche werden von vielen Tieren gefressen. Sie wird auch gern vom Wild verbissen und geschält, wogegen sie sehr tolerant ist.
Zielbaumarten folgen
Durch den Vorwald sollen sich die Zielbaumarten wie Fichte, Eiche oder Buche leichter verjüngen. Pionierbäume siedeln sich überall dort an, wo reichlich Licht zur Verfügung steht, von der Straßenböschung bis zum Großkahlschlag. Ein Vorwald ist aber erst ab einer Schlagfläche größer als 0,5 ha nötig. Kleinere Freiflächen werden vom benachbarten Bestand beeinflusst, das milde Waldinnenklima bleibt größtenteils erhalten. Den Vorwald begründet man aus einem Mix von Naturverjüngung und Saat, wobei die Saat nur unterstützend wirken soll. Bevor der Waldbesitzer sät, soll er durch Begehen der Fläche einen Eindruck gewinnen über das Vorkommen der Pionierbaumarten. Sind auf der Fläche überhaupt keine Pionierbaumarten zu finden, ist das ein Zeichen für eine Bodenstörung. In den meisten Fällen wird es sich dabei um einen stark verdichteten Boden handeln. Für die Saat soll eine Samenmenge von etwa 10 – 15 kg/ha händisch ausgebracht werden. Welche Pionierbaumart gesät wird ist zweitrangig, den größten Erfolg verspricht eine Saatmischung mehrere Arten.
Nach etwa fünf Jahren kann damit begonnen werden, die Zielbaumarten in den Vorwald einzubringen. Ausgehend von den Lichtbedürfnissen der Zielbaumart entscheidet der Waldbesitzer, wie stark er in den Vorwald eingreift, um die Zielbaumarten zu fördern. Vor allem bei Eichenpflanzungen empfiehlt es sich, in unmittelbarer Nähe der jungen Eichen das Bestandsdach zu öffnen. Schattertragende Baumarten wie Fichte, Tanne, Douglasie oder Buche brauchen jedoch kaum Unterstützung. Wenn die Verjüngung der Zielbaumarten gesichert ist (Baumhöhen über 1,3 m), kann der Vorwald zur Gänze geschlägert werden. Notwendig ist die Räumung aber aus waldbaulicher Sicht nicht. Pionierbaumarten sind gegenüber anderen Baumarten kaum konkurrenzfähig, zudem sind sie kurzlebig. Ein Argument dafür, den Vorwald zu belassen, ist die Astreinigung. Vor allem bei Laubbäumen verbessert sich dadurch die Holzqualität entscheidend.