Minustemperaturen im Frühjahr lassen die frischen Triebe erfrieren. Spätfrostschäden lassen sich vermeiden, indem man gefährdete Standorte erkennt und frostharte Baumarten fördert.
Mit dem Frühlingsbeginn erwacht auch wieder das Leben im Wald. Am Waldboden zeigen die Bodenpflanzen ihre ganze Blütenpracht und die Luft ist erfüllt von Insekten, die auf der Suche nach Nahrung sind. Es wird auch nicht mehr lange dauern bis die Laubbäume ausschlagen. Für Kulturen ist dieser Zeitraum aber besonders gefährlich, denn die Triebe haben ihre Frosthärte verloren. Ein plötzlich einsetzender Frost kann die Verjüngung schwer schädigen.
Vorsorge durch angepassten Waldbau
Spätfrostschäden entstehen, wenn Bäume nach ihrer Winterruhe frisch austreiben. Diese neuen Triebe sind nicht frosthart und erfrieren bei einem erneuten Kälteeinbruch. Ausgewachsene Bäume überleben diese Schäden zwar, beim nächsten Austrieb kann es aber zu wertmindernden Zwieselbildung kommen. Auch das Höhenwachstum wird durch Spätfrostschäden gebremst. Die typischen Spätfrostmonate sind April, Mai und bisweilen auch der Juni. Spätfrost ist häufig ein Standortsproblem, das heißt es gibt Örtlichkeiten die besonders prädestiniert sind dafür. Bereits ausgewachsene Bäume zeigen an solchen Stellen ein deutlich vermindertes Höhenwachstum, da sich der Spätfrost in gefährdeten Gebieten fast jährlich neu ausbreitet. Jungwüchse können durch den Spätfrost gänzlich absterben, da
- junge Pflanzen weniger widerstandsfähig sind
- in Bodennähe sich Kaltluftseen bilden, durch die die Frostwirkung noch verstärkt wird
Als Waldbesitzer können Sie auf zwei Arten auf Spätfrost reagieren: indem Sie gefährdete Gebiete erkennen und die dementsprechenden waldbaulichen Praktiken anwenden (Überschirmung durch Altbestand) und durch die richtige Baumartenwahl, denn die verschiedenen Baumarten unterscheiden sich stark was die Frosthärte angeht (s. Tabelle).
Erkennen von Spätfrostgebieten
Kaltluft verhält sich wie eine Flüssigkeit. Sie fließt Hänge und Rinnen hinab und bildet vor allem bei Windstille auf Ebenen und in Geländesenken Kaltluftseen. Wie tief die Temperaturen in einer Frostnacht waren, lässt sich in den folgenden Tagen an den erfrorenen und welkenden Baumtrieben erkennen.
Am stärksten wirkt der Frost in Muldenlagen, in denen die kalte Luft nicht abfließen kann. Dabei muss es sich aber nicht unbedingt um Grabeneinhänge oder Talböden handeln, manche Kaltluftmulden sind so flach, das man sie im Gelände nicht auf den ersten Blick erkennt. Für den Stau der Kaltluft kann aber nicht nur die Topographie verantwortlich sein, auch dichte Vegetation wie Dickungen verhindert dass die kalte Luft abfließt. Kahlschläge neben Dickungen sind daher besonders gefährdet durch Spätfrost. Überhaupt sind Kahlschläge, besonders in flachen Gebieten, bedroht durch Spätfrost. Hilfreich kann hier ein Vorwald aus Birken und Ebereschen sein. Die Kronen der Pionierbäume verringern die Wärmeabstrahlung. Diese Frostschutzwirkung reicht etwa eine Baumlänge lang. Ein lockerer Schirm von Altbäumen dämpft die nächtliche Abkühlung und bewahrt die Verjüngung vor Frostschäden. Besonders für die Verjüngung schattentoleranter, aber spätfrostempfindlicher Baumarten wie der Tanne oder der Buche hat sich dies bestens bewährt. Auf spätfrostgefährdeten Standorten sollten Sie Kahlschläge vermeiden.
Baumartenwahl
Potentielle Spätfrostgebiete müssen nicht unbestockt bleiben. Wesentlich ist dabei, dass Sie an solchen Stellen Baumarten kultivieren, die über die nötige Frosthärte verfügen. Allgemein sind Pionierbaumarten und Arten des Bergwaldes frosttoleranter als Baumarten der Tieflagen. Die meisten Edellaubholzarten sind wenig bis gar nicht frosttolerant.
Baumart | Frosthärte | Anmerkung |
Eberesche, Grauerle, Birke, Schwarzkiefer, Waldkiefer, Strobe, Zitterpappel | Frosthart | Diese Baumarten sind sowohl geeignet als Naturverjüngung oder für die Aufforstung von großen Kahlflächen auf Verebnungen und Senken mit besonders häufigen und scharfen Spätfrösten. Sie sind ebenso geeignet als schützender Vorwald, unter dessen lockerem Schirm nach wenigen Jahren empfindlichere Baumarten gepflanzt oder als Naturverjüngung übernommen werden können. |
Bergahorn, Bergulme, Europäische Lärche, Feldahorn, Gemeine Eibe, Fichte, Mehlbeere, Robinie, Roteiche, Schwarzerle, Silberweide, Stieleiche, Winterlinde | Mäßig frosthart | |
Douglasie, Elsbeere, Flaumeiche, Hainbuche, Schwarzpappel, Sommerlinde, Speierling, Spitzahorn, Traubeneiche, Traubenkirsche, Vogelkirsche, Wildbirne | Frostempfindlich | Häufige Frostschäden in Spätfrostlagen: Ausfälle qualitätsmindernde Verzwieselung und Gefahr, durch weniger spätfrostempfindliche Baumarten überwachsen zu werden. |
Edelkastanie, Gemeine Esche, Gemeine Walnuss, Küstentanne, Roßkastanie, Rotbuche, Schwarznuss, Weißtanne, Wildapfel | Intolerant | Diese Baumarten sind besonders gefährdet in ungeeigneten Lagen wie Mulden (Kaltluftseen), größeren Ebenen, sowie Kahlflächen die größer als ein halber Hektar sind. Pflanzen dürfen Sie diese Arten nur an Hängen und Kuppen, an denen die Kaltluft abfließen kann oder unter einem lockeren Schirm von Altbäumen oder Weichlaubhölzern bei einem Kronenschlussgrad von mindestens 20 %. |
Frosthärte verschiedener Baumarten.
Klimawandel: Keine Entwarnung
Auch wenn durch den Klimawandel die Jahresdurchschnittstemperaturen steigen können Spätfröste zukünftig nicht ausgeschlossen werden. In milden Wintern treiben Waldbäume früher aus als noch vor einigen Jahrzehnten. Da sich aber der Zeitraum, in dem es zu nächtlichen Spätfrösten kommt, bisher kaum verändert hat, ist auch künftig mit Spätfrostschäden zu rechnen. Um Wald bestände fit zu machen für die Belastungen durch die Klimaerwärmung, sollten Baumarten, die mit Hitzeperioden besser zurechtkommen, wie Eiche oder Douglasie vermehrt beigemischt und gefördert werden,. Diese Baumarten sind jedoch teilweise stärker spätfrostgefährdet. Waldbauliche Maßnahmen zur Vermeidung von Spätfrostschäden gewinnen daher künftig noch mehr an Bedeutung.