Spechte gelten als biologische Abwehrmaßnahme im Kampf gegen Borkenkäfer. Aber nicht jede Spechtart ist gleich effektiv bei der Bekämpfung der Schadinsekten.
Das Trommeln des Spechts ist für viele Menschen ein unverwechselbares Geräusch, das mit dem Wald in Verbindung gebracht wird. So ist das unermüdliche Klopfen eines Spechts auf der Homepage der österreichischen Bundesforste zu hören. Neben dem Wohnungsbau dient das Hacken an Bäumen vor allem der Nahrungssuche. Ameisen und holzbewohnende Käfer gehören vor allem zur Leibspeise von Spechten. Es ist aber abhängig von der Spechtart, ob eher die fleißigen Waldinsekten oder die Forstschädlinge vertilgt werden.
Baumeister im Wald
Es ist ein vertrautes Bild im Wald: Ein Specht hüpft auf einem Baumstamme herum und setzt seinen Schnabel als Werkzeug ein. Dafür waren aber einige Anpassungen nötig, die es Spechten ermöglichen eine Nahrungsquelle zu erschließen, die anderen Vögeln verborgen bleibt. Die Wendezehe an den Füssen und der Stützschwanz mit verstärkten Federkielen ermöglicht es den Spechten, sich auch an senkrechten Stämmen festzuhalten und sich rasch und geschickt fortzubewegen. Der starke Schnabel ist vielseitig einsetzbar. Er kann sowohl zur Nahrungssuche verwendet werden, aber auch mittels rythmischen Trommelns zur Reviermarkierung. Mit gezielten Hacken baut der Specht seine Wohnhöhle. Spechte sind die Baumeister im Wald, denn eine Vielzahl von anderen Tieren, von der Hummel über den Siebenschläfer bis zum Baummarder mieten sich in verlassenen Spechthöhlen ein. Der Bauplan des Spechtkopfs ist an seine Lebensweise angepasst. Andere Vogelarten würden starke Kopfschmerzen bekommen bei dem Versuch mit ihren Schnäbeln an Bäumen zu hacken. Ebenso bemerkenswert ist die Zunge: Spechte können ihre Zunge weit aus dem Schnabel hervor in Ritzen und Löcher strecken. Mit der klebrigen und mit Borsten besetzten Zungenspitze klauben sie im Holz verborgene Insektenlarven heraus.
Borkenkäferkiller Dreizehenspecht
Womit wir beim Thema Ernährung der Spechte wären. Von Seiten der meisten Forstleute kommt den Spechten viel Sympathie entgegen, da sie als Bekämpfer von Borkenkäfern wie Buchdrucker und Kupferstecher gelten. Aber nicht jede heimische Spechtart ist dabei gleich erfolgreich. So gibt es Arten, die nur in Laubmischwäldern leben, wie etwa der Grauspecht. Der Grünspecht wiederrum lebt bevorzugt in Obstgärten und Hecken, seine Hauptnahrung sind neben Ameisen wiesenbewohende Insekten. Der Buntspecht lebt zwar auch in Nadelwäldern, er ist aber ein Generalist und neben Borkenkäfern frisst er auch Spinnen, Nüsse und sogar Jungvögel.
Der Dreizehenspecht ist der wahre Spezialist im Kampf gegen Borkenkäfer. In einer Schweizer Studie wurde ermittelt, dass ein einzelner Specht im Jahr bis zu 670.000 Borkenkäfer vertilgt. Eine Massenvermehrung von Borkenkäfern lockt generell viele Spechtarten an. Aber nur der Dreizehenspecht ist auch in der Lage, seine Population anwachsen zu lassen. Während einer Borkenkäfermassenvermehrung kann auch die Zahl der Dreizehenspecht bis auf das Zwangzigfache ansteigen. Der Dreizehenspecht vertilgt aber nicht nur die Borkenkäfer, er sorgt dank seiner Jagdmethode auch dafür, das die Population indirekt geschwächt wird. Stößt er auf einen nahrungsreichen Baum, kann er diesen innerhalb kürzester Zeit nahezu vollständig schälen. Dadurch werden die Käferbruten widrigen Umwelteinflüssen ausgesetzt und sie sterben zum Beispiel durch Austrocknung oder ungünstige Temperaturen ab. Außerdem befallen Pilze die Brutgalerien. Borkenkäferbrut in abgefallenen Rindenstücken ist am Boden wiederum für andere Vögel oder Kleinsäuger zugänglich.
Wenn die Borke durch die Ablösung von Rindenteilen dünner ist, kann dies zu erhöhter Parasitierung der Borkenkäferlarven führen. Denn so können auch Schlupfwespen mit kurzem Eiablagestachel unter der Rinde liegende Larven parasitieren, die sie bei normal dicker Rinde nicht erreichen würden. Diese indirekten Zerstörungsmechanismen von Borkenkäfern infolge der Hackarbeit von Dreizehenspechten sind noch deutlich grösser als der direkte Verzehr.
Der Waldbesitzer kann sich die Arbeit des Dreizehenspechts zunutze machen. Vorraussetzung dafür ist aber, das für den Dreizehenspecht das ganze Jahr über ausreichend viel Nahrung zur Verfügung steht. Als Nahrungsbäume bevorzugt der Dreizehenspecht abgestorbene Fichten. Daher macht es Sinn im Falle von Borkenkäferschäden, Bäume, aus denen die Borkenkäfer bereits ausgeflogen sind, stehen zu lassen. Sie stellen aus Sicht des Forstschutzes keine Gefahr mehr dar, sind aber ein wertvolles Substrat für Dreizehenspechte. Auch einzelne stehende starke Fichten mit schlechter Holzqualität können dafür verwendet werden. Ist der Dreizehenspecht zu Beginn einer Massenvermehrung bereits vor Ort, so ist die Bekämpfung effektiver.
Schutz von Spechten
Spechte gehören zu den gefährdeten waldbewohnenden Arten. Verantwortlich hierfür ist die Waldwirtschaft. Alle Spechtarten benötigen absterbende bzw. tote Bäume. Kurze Umtriebszeiten sowie das konsequente Entfernen abgestorbener Bäume hat zum Lebensraumverlust geführt. Experten fordern für Spechte pro 100 ha Wald 10 Altholzinseln, die insgesamt etwa 5 ha ausmachen sollen. Für bäuerliche Waldbesitzer wird kaum möglich sein. Das Belassen von einzelnen absterbenden Bäumen – sowohl im Laub- als auch im Nadelwald – ist jedoch durchaus möglich. Höhlenbäume sollten ohnehin nicht geerntet werden. Auch sollten Störungen wie Schlägerungen über mehrere Tage während der Brutzeit von April bis Juni zu vermeiden sein.
Fazit
Unter allen Spechtarten ist der Dreizehenspecht der effektivste Jäger von Borkenkäfern. Er ist zwar nicht in der Lage eine Massenvermehrung gänzlich zu stoppen, sehr wohl aber kann er das Schadensausmaß begrenzen. Durch das Belassen von abgestorbenen Fichten fördert der Waldbesitzer den Nützling.