Rentierflechte, Landkartenflechte, Elchgeweihflechte oder Lungenflechte: Flechten eignen sich besonders gut als Bioindikatoren und reagieren äußerst sensibel auf Umwelteinflüsse. Der Bewuchs von Flechten auf Baumstämmen ist seit Mitte der 1990er Jahre stark zurückgegangen. Die Flechtenvielfalt hat um rund 20% abgenommen und auch die Artenzusammensetzung hat sich zugunsten stickstoffliebender Arten verändert. Ursache für diese Veränderungen sind vor allem Stickstoffeinträge aus der Luft, auf die Flechten sehr sensibel reagieren.
Sensible Bio-Indikatoren
Flechten sind stille Vorboten größerer Veränderungen in Ökosystemen. Ihr Vorkommen hängt vor allem von der Luftqualität ab. Sie zeigen an, wenn Stoffe im Übermaß vorhanden sind oder wichtige Nährstoffe fehlen. Seit den 1980iger Jahren, als Flechtenvorkommen durch den sauren Regen stark beschädigt wurden, werden diese sensiblen Bioindikatoren gezielt als natürliches „Frühwarnsystem” eingesetzt. Zur Erkennung der Schadstoffbelastung der Bäume müssen Blätter und Nadeln chemisch untersucht werden. Bartflechten wie der Gewöhnliche Baumbart oder die Echte Lungenflechte sind ein Zeichen hoher Luftgüte, sie kommen nur in Gegenden vor, wo die Luft sehr sauber ist. Dort hingegen, wo die Gewöhnliche Gelbflechte und Helm-Schwielenflechte anzutreffen sind, ist die Luft bereits mäßig belastet. Sie breiten sich verstärkt aus, wenn die Stickstoffeinträge in der Luft steigen, und sind häufig in Gebieten mit starken Verkehrslagen zu finden. Flechten sind botanisch betrachtet eine Symbiose aus Algen, Pilzen und Bakterien und stellen hohe Lebensraumansprüche. Sie sind auf ein ganz spezielles Umfeld angewiesen, bei dem sie sowohl Stickstoff und CO2 speichern. Haben sie einmal ihre ökologische Nische gefunden, sind Flechten jedoch äußerst widerstandsfähig, können auf kargen Untergründen wie Fels und Stein wachsen und im Winter Temperaturen von bis zu minus 40° Grad trotzen.
Naturnahe Waldbewirtschaftung fördert Artenvielfalt
Flechten sind im Regelfall schlecht schützbar, da der gesamte Lebensraum betroffen ist und ein direkter Schutz wie bei einzelnen Tier- und Pflanzenarten kaum möglich ist. Jedoch können oft auch schon einfache Maßnahmen helfen. Flechten auf Obstbäumen, Holzzäunen oder Stadeln sollte man immer wachsen lassen, sie sind für die Bäume vollkommen unschädlich! Die Ritzen alter Baumrinden etwa stellen für die Flechten einen wichtigen Lebensraum dar.