Auch wenn es an falschen Standorten mit der Fichte Probleme gibt, eigentlich ist sie ein Überlebenskünstler. Als zähe und relativ anspruchslose Baumart des Gebirges besiedelt sie Gebiete, die für die meisten anderen Baumarten nicht bewohnbar sind. Einzig die Lärche und die Zirbe steigen ebenso hoch wie die Fichte, diese drei Baumarten bilden auch die obere Waldgrenze, die in einer Seehöhe von 2.400 m liegen kann.
Bei der Fichte lassen sich verschiedene Lokalrassen unterscheiden, die auch verschiedene Standortsansprüche haben. So benötigen die Gebirgsfichten aus hohen Lagen von Jugend an volles Licht für ihr Wachstum, während Fichten aus montanen und hochmontanen Gebieten (vergesellschaftet mit Buche und Tanne) der Halbschatten reicht. Alle Rassen sind unempfindlich gegenüber Winterkälte und stellen auch wenig Ansprüche an die Sommerwärme. Optimale Standorte zeichen sich durch eine hohe Luftfeuchtigkeit, und reichliche, über das ganze Jahr verteilte Niederschläge aus. Daraus verbietet sich der Anbau der Fichte in Tieflagen, die über ein ausgeprägtes warmes und trockenes Sommerklima charakterisiert sind. Hinsichtlich des Bodens und der Nährstoffe stellt die Fichte wenig Ansprüche, auf lockeren, gut durchlüfteten Böden gedeiht sie trotzdem am besten. Dichte Böden vermag sie kaum zu erschließen, auf Böden mit ungünstigem Luft- und Wasserhaushalt bildet sie ein sehr flaches Wurzelwerk aus, wodurch sie extrem windwurfgefährdet ist. Bei Aufforstungen von ehemaligen Almen muss auch in Höhenlagen über 1.000 m auf den Anbau der Fichte verzichtet werden, denn Almböden sind durch die Rinderweide meistens verdichtet und daher für die Fichte kein geeigneter Standort. Die Fichte ist intolerant gegen Trockenheit und erleidet rasch Trockenstreß, durch welchen sie stark an Vitalität einbüßt: es vermindert sich der Harzfluss, durch den eindringende Schädlinge (Borkenkäfer !) abgewehrt werden sollen.
Merke: Die Fichte ist anfällig gegenüber Trockenstreß. Auf Standorten mit trockenen, heißen Sommermonaten ist ihre Vitalität herabgesetzt, was sie besonders anfällig macht gegenüber Schädlingen, die unter solchen Bedingungen sich besonders gut entwickeln.
Die Fichte kann ihr Wachstum anpassen, so vermag sie wie man aus Aufnahmen aus Urwäldern weiß, bis zu 100 Jahren im Schatten andere Bäume zu verweilen, wird sie dann freigestellt zeigt sie ein normales Wachstum. Fichten hingegen, die bereits in der Jugend freigestellt sind und ihr ganzes Wachstumspotential ausnutzen können, erreichen bereits im Alter von 30 Jahren den Höhepunkt ihres Holzzuwachses, solche Fichten bleiben auch nur etwa 120 Jahre gesund, das rasche Wachstum dürfte auf Kosten der Vitalität im Alter gehen. Die höchsten Fichten wurden in bosnischen Urwäldern gefunden und sind über 60 m hoch, im Wirtschaftswald können Fichten mit einer Höhe bis zu 50 m gefunden werden. In subalpinen Lagen erreicht die Fichte selten Höhen die über 20 m betragen.
Die Fichte verjüngt sich sehr gut natürlich, auch auf Standorten auf denen sie eigentlich nicht geeignet ist. Während bei vielen Baumarten die natürliche Verjüngung ein guter Indikator ist ob eine Baumart für einen Standort geeignet ist, trifft das auf die Fichte nicht zu. Das die Fichte sich auf ihr fremden Standorten verjüngt hat einerseits damit zu tun, das sie auch in der Jugend vergleichsweise anspruchslos ist und sie in Fichtenmonokulturen wenig bis gar keine Konkurrenz anderer Baumarten ertragen muss, aus dem einfachen Grund das in der unmittelbaren Umgebung keine Samenbäume von Buche oder Tanne vorhanden sind. Im Hochgebirge kann der Waldbesitzer die Verjüngung fördern, indem er Stämme schlägert und sie dem natürlichen Prozess der Zersetzung überlässt. Durch diese sogenannte Kadaververjüngung wird den Fichtenkeimlingen einerseits Nährstoffe und Wasser (absterbendes Holz ist ein guter Wasserspeicher) zur Verfügung gestellt, gleichzeitig haben die Keimlinge einen gewissen Höhenvorteil gegenüber Gräsern und Kräutern.