Eine ganze Reihe von Baumarten fristet im wahrsten Sinne des Wortes ein Schattendasein. Wir haben uns einige seltene Baumarten näher angesehen und auf ihre waldbauliche Eignung geprüft.
Wussten Sie, dass jeder dritte Baum in den mitteleuropäischen Wäldern eine Fichte ist? Bei so viel Dominanz von Picea Abies, wie die Fichte auf Latein heißt, wird es für manch andere Baumart ziemlich eng. Vor allem die Tanne ist stark unterrepräsentiert. Ohne menschlichen Eingriff wären aber auch Buchenwälder viel häufiger anzutreffen als sie es aktuell sind. Aber auch wenn ihre derzeitige Verbreitung geringer ist als es ohne menschlichen Eingriff der Fall wäre, gehören Tanne und Buche trotzdem zu den Hauptbaumarten, ebenso wie Eiche, Lärche und Kiefer. Es gibt aber einige Arten, die derart selten sind, dass sie ein Förster während seiner gesamten Berufslaufbahn nicht zu Gesicht bekommt. Die Gründe, warum diese Bäume ein heimliches Dasein fristen, sind verschieden: Manche wie Speierling und Elsbeere sind auch in Naturwäldern selten, da sie nicht besonders konkurrenzfähig sind. Bei anderen wie den Ulmen reduzierten Krankheiten die Art. Wir haben uns einige dieser seltenen Baumarten angesehen und überprüft, ob Sie für einen klimafitten Waldbau von Interesse sein könnten.
Spitzahorn
Von allen Ahornarten ist der Spitzahorn (Acer platanoides) am leichtesten zu bestimmen, da seine Blattform unverwechselbar ist. Häufig ist der Spitzahorn in Gärten und Alleen zu finden. Er ist eine Begleitbaumart in Eichenwäldern und wird dort kaum dominant, obwohl er über ein wesentlich schnelleres Jugendwachstum verfügt als die Eiche. Im Alter verliert der Spitzahorn aber an Konkurrenzkraft, meist wird er nur 20 m hoch, in Ausnahmefällen auch 30 m. Typisch für den Spitzahorn ist die schmale Krone, die von aufwärts stehenden, gestreckten Ästen gebildet wird. Im Freistand und an Waldrändern bildet der Spitzahorn aber schöne rundgeformte Kronen aus, was ihn bei Gärtnern sehr beliebt macht. Doch auch für Waldbesitzer ist der Spitzahorn eine Option: denn mit warmen Temperaturen im Sommer kommt der Spitzahorn gut zurecht. Er ist somit eine geeignete Mischbaumart für Eichen- und Buchenwälder, wobei er in Buchenbeständen durch Freistellung gefördert werden muss. Der Waldbau mit dem Spitzahorn fällt aber leicht, vor allem durch sein enormes Potential für die Naturverjüngung. Am besten gedeiht der Spitzahorn auf mäßig frischen Standorten, die über eine mittlere bis gute Nährstoffversorgung verfügen. Saure Bodenverhältnisse behagen ihm allerdings nicht. Die jungen Spitzahorne sind auch vom Wildverbiss zu schützen, da Reh und Rotwild sowohl Laub als auch Knospen sehr gern annehmen. Bei konsequenter Pflege kann das Holz des Spitzahorns Spitzenpreise erzielen: gemeinsam mit dem Bergahorn gehört es zu den wertvollsten Edellaubhölzern. Mit der Förderung des Spitzahorns unterstützt der Waldbesitzer auch die Imker, denn Bienen sammeln ihren Honig gern an den Blüten des Spitzahorns.
Den richtigen Standort vorausgesetzt, hat der Spitzahorn absolut Platz im Wald und kann in Tieflagen und submontanen Regionen eine geeignete Mischbaumart sein. Sowohl seine Ansprüche an das Klima als auch die Holzqualitäten sprechen dafür.
Linden
Es gibt sie in fast jeder Ortschaft, und sie sind immer wenigstens 1000 Jahre alt: die Linden. In Mitteleuropa sind die Sommerlinde (Tilia cordata ) und die Winterlinde (Tilia platyphyllos ) heimisch. Die beiden zu unterscheiden fällt nicht immer leicht: Nicht nur das sich die Blätter sehr ähneln, gibt es auch Hybride beider Arten. Auch wenn sie äußerlich nur schwer zu unterscheiden sind, in ihren Standortsansprüchen unterscheiden sich Winter- und Sommerlinde stark. Die Winterlinde bevorzugt lichte und sommerwarme Laubmischwälder, sie ist eine typische Begleitbaumart von Eichenwäldern. Die Sommerlinde hingegen fühlt sich wohler in Klimalagen mit viel Niederschlag wie etwa in Schluchtwäldern. Auch sind die Lichtansprüche der Sommerlinde höher. Gemeinsam ist beiden Baumarten, dass sie sehr alt werden können und in der Jugend sehr schnellwüchsig sind. Neben der Hainbuche sind die Linden auch die Baumarten, die das stärkste Ausschlagvermögen besitzen, weshalb sie früher auch häufig im Niederwaldbetrieb zu finden waren. Lange Zeit wurde die Linde im Wald bereits in der Jugend entfernt, um die Buche zu fördern. Diese forstliche Negativauslese und der Wildverbiss führten dazu, dass die Linde aus den Wäldern fast verschwunden ist. Dabei haben Linden aber eine Reihe von positiven Eigenschaften: so kann die Winterlinde als Nebenbaumart in Eichenwäldern dazu dienen, dass die Eichenstämme beschattet werden und sich keine neuen Äste bilden. Auch ist das Lindenlaub sehr bodenpfleglich und kann zum raschen Aufbau von Humusschichten auf nährstoffarmen und ausgelaugten Böden beitragen. Aufgrund ihre tiefgehenden Wurzeln und der Fähigkeit zum intensiven Stockausschlag finden Linden als Schutzwald an Steilhängen Verwendung, wo sie der Untergrundbefestigung dienen. Auf Steinschutthalden werden sie häufig als Pionierbaumart eingesetzt.
Linden können vor allem aus ökologischen Gründen als Mischbaumart eine Rolle spielen: Auf Böden, die durch Streunutzung Nährstoffverluste erlitten haben sowie in Steillagen, die erosionsgefährdet sind, können die Linden wertvolle Dienste leisten. Für die Holzproduktion ist die Linde wenig interessant, da es für das weiche Holz nur wenig Abnehmer gibt. Auch als Energieholz ist die Linde kaum geeignet, ihr Brennwert gleicht dem von Fichte und Kiefer.
Eibe
Ihr Holz hat den Ausgang von mittelalterlichen Schlachten mitentschieden: Eibenholz war überaus begehrt für den Bau von Bogen, Speeren und Armbrüsten. Ihre Holzeigenschaften sind der Eiche (Taxus baccata) ähnlich, es ist schwer, fest und gleichzeitig elastisch und sehr dauerhaft. Daher war die Eibe auch in friedlichen Zeiten sehr gefragt, etwa für den Möbelbau oder für Vertäfelungen. Ihre Beliebtheit bei Tischlern und Waffenschmieden führte aber auch dazu, dass die Eibe nahezu vollständig aus den Wäldern verschwand. Obwohl die Eibe eine sehr schattertragende Baumart ist, war sie immer schon eine Baumart, die nur selten im Wald zu finden war. Ein Grund dafür ist ihr äußerst langsames Wachstum, sie wird auch selten höher als 15 m. Die Eibe hat dieselben Standortsansprüche wie die Buche, kann mit ihr aber nicht konkurrieren. Nur an steilen Hängen wo es zu trocken wird für die Buche kann sich die Eibe richtig entfalten. Und auch nur dann, wenn Sie vom Wild nicht verbissen wird. Obwohl alle Teile der Eibe hochgiftig sind – besonders Pferde reagieren sterben häufig am Verzehr der Eibe – sind Rothirsch und Reh immun.
Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Eibe von geringem Interesse. Ihr seltenes Vorkommen und ihr geringes Wachstum lassen keine waldbauliche Verwendung zu. Wer eine Eibe in seinem Wald findet, sollte sie aber aus Naturschutzgründen trotzdem belassen.
Wildapfel
Um falsche Erwartungen gar nicht erst zu wecken: Die Früchte des Wildapfels (Malus sylvestris) sind nicht genießbar. Sie sind aber wichtig bei der Beurteilung, ob es sich um einen Wildapfel handelt oder nicht: Neben der Fruchtgröße deuten insbesondere unangenehmer, bitterer Geschmack und ein im Vergleich zum Kulturapfel deutlich geringeres Kernhaus auf Wildnähe hin. Anders formuliert: Wer in einen Apfel beißt, der weder nach Apfel schmeckt und auch etwas anders aussieht, hat gute Chancen einen Wildapfel gefunden zu haben. Durch die Züchtung der Kulturformen, die bereits am Ende der Steinzeit begann, kam es immer wieder zur Bastardierung zwischen Wildapfel und Kultursorten. Die Frage, ob es echte Wildäpfel überhaupt noch gibt oder es sich um mehr oder weniger wildnahe Formen handelt, kann nicht zweifelsfrei beantwortet werden.
Durch die Zuchtformen, aber auch die geringe Konkurrenzfähigkeit gehört der Wildapfel zählt zu den vom Aussterben am stärksten bedrohten einheimischen Baumarten. Innerhalb seines natürlichen Verbreitungsareals, besiedelt der Wildapfel normalerweise Standorte im Bereich der Nässegrenze des Waldes, wo die Konkurrenzkraft besonders gegenüber der Buche deutlich größer ist. Periodisch stark vernässte Auenstandorte oder Randbereiche von Bruchwäldern erhöhen deshalb die Wahrscheinlichkeit, Wildapfelrelikte anzutreffen. Schon in früheren Zeiten hatte der Wildapfel kaum wirtschaftliche Bedeutung. Er wird kaum höher als 10 m und ist durch sein geringes Wachstum nicht für die Holzproduktion verwendbar. Das Holz selbst hat auch keinerlei wirtschaftliche Bedeutung.
In waldbaulichen Planungen spielt der Wildapfel daher keinerlei Rolle. Findet man im eigenen Wald tatsächlich einen Wildapfel, so sollte er aus Naturschützgründen belassen werden. Besonders in der freien Landschaft dienen Wildapfelbäume vielen Vogelarten als Brutstätte. Nachtaktive Fledermäuse nutzen Wildäpfel häufig als Tagesquartier. Die Bedeutung als Bienenweide und Nahrungsquelle für viele Kleintierarten ist unbestritten.
Weiterführende Links:
Das Risiko ist entscheidend: Baumarten betriebswirtschaftlich kalkuliert